„AFRIKA“ - hautnah - Bericht 6


 
Die Nomaden ziehen weiter

 

Route: Tansania – Mosambik – Malawi – Mosambik - Swaziland vom 23.03.2012 bis 19.05.2012

 

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Nach einem halben Jahr Sesshaftigkeit in Wechingen treibt uns die Neugier wieder in die Ferne. Wir folgen der inneren Stimme und brechen auf oder richtiger, fliegen nach Dar Es Salaam in Tansania, wo unser Auto wartet.
 
Während unser Flieger Dar Es Salaam ansteuert, schauen wir uns nachdenklich in die Augen: Nach zehn angenehmen Flugstunden mit Harry-Potter-Film, Superservice und komfortablem Raumklima sind wir dort, wohin wir ein anstrengendes Jahr mit unserem Landcruiser und 55.000 Kilometern unterwegs waren
 

African Airways im Landeanflug auf Dar Es Salaam

 

In den nächsten 12 Monaten möchten wir weitere 12 Länder im südlichen Afrika kennenlernen:

Tansania, Mosambik, Malawi, Simbabwe, Sambia, Angola, DR Kongo, Botswana, Namibia, Lesotho, Swasiland und Südafrika.

Unser Ziel ist, Südafrika in ca. einem Jahr wohlbehalten zu erreichen, von wo aus wir unser Auto nach Australien verschiffen.

 

Doch bevor auch wir nach Australien fliegen, werden wir für einige Zeit erneut zuhause sein und zeigen währenddessen einen Vortrag über unser Afrika-Abenteuer.

 

 

Die Ankunft ist verschimmelt, vermodert und schockierend

 
Es ist stockfinster, als wir das Flugzeug verlassen. Dabei erdrückt uns der leicht modrige Geruch von +40 °C und 90 % Luftfeuchtigkeit. „Welcome in Afrika“ schreit ein Löwe von einem Plakat. Afrika hat uns wieder.
 
Als wir nach sechs Monaten endlich unseren HZJ betreten, sind wir nahe am Herzinfarkt und stehen unter Schock. Heti will sofort wieder zurückfliegen. Im Inneren unseres Autos ist alles, aber auch wirklich alles, angefangen beim Bett über die Unterhosen bis zum Geschirr, dick mit grauweißem Schimmel marmoriert. Es riecht, als wäre im letzten halben Jahr hier drinnen einer verfault.
 

Das Schimmeltrauma bringt Heti an ihre Grenzen

 

Der feuchtheiße Monsun hat ganze Arbeit geleistet! Können wir uns hier drinnen jemals wieder wohl fühlen?

Wir können. Denn nach einer Woche Schruppen, Putzen und Auto auf Vordermann bringen, löst sich zwar die Haut an Hetis Fingern ab, aber das Trauma verblasst langsam. Der Ekel legt sich und wir brechen endlich Richtung Mosambik auf.

 
Immer dem Indischen Ozean entlang hangeln wir uns nach Lindi hinunter.
 

Die Abendstimmung bei Lindi am Indischen Ozean lässt die Seele baumeln

 
 

Das tägliche Netzziehen ist ohne Lachen und Spaß nicht vorstellbar

 

Am nächstgelegen Grenzübergang in Küstennähe ist die Fähre über den breiten Rouvima Fluss dummerweise abgesoffen. Abenteuerlustige haben die fifty-fifty-Chance, auf einem Holzfloß das andere Ufer zu erreichen. Doch ich fürchte, unser schwerer HZJ hat diese Chance nicht, und ohne ihn wäre die große Reise zu Ende.

Zu unserem Glück wurde im Jahr 2007 etwa 250 Kilometer im Landesinneren eine Brücke gebaut, die jetzt unser Ziel ist.

 
Nur ein Feldweg verbindet Tansania mit Mosambik. Er ist mit Schlammlöchern gespickt und ein Vorwärtskommen ist nur im Traktortempo möglich.
 
Unverhofft erscheint eine Fata Morgana. Trotz ungläubigen Augenreibens ist sie Realität.
 

Der „Weiße Elefant“ zeigt seine Zähne. Ihn gibt es nur zum Füllen korrupter Taschen

 

Eine gigantischen Brücke steht irgendwo im Nirgendwo. Dieses bombastische Bauwerk ist hier genauso fehl am Platze wie auf dem Mond. Denn uns sind an einem Tag nur fünf Autos begegnet. Eine kleine, zuverlässige Fähre würde für die wenigen Fahrzeuge locker reichen und zig Millionen einsparen.

Doch das ist das Wesen der korrupten „Weißen Elefanten“. Sie werden nur realisiert, um Entwicklungshilfegelder in sinnlose Projekte zu pumpen. So kommen bestechliche Regierungsmitglieder und ausländische Baukonzerne schnell an viel Geld.

 
Aber wir sind ehrlich. Trotzdem müssen wir uns an der tansanischen Grenze etwas einfallen lassen, um nicht in große Probleme zu kommen. Denn unser Zollpapier, das Carnet de Passage, ist seit zwei Monaten abgelaufen. Doch Heti setzt ihren ganzen Charme ein, sie lacht und schäkert mit dem Zöllner, dass der Mann den Blick aufs Datum vergisst. Strahlend hämmert er den Ausreisestempel in unser Carnet.
 

Jetzt kann sie lächeln, denn trotz abgelaufener Zollpapiere hat sie mit weiblichem Charme den Ausreisestempel bekommen

 
 

Kurzinfo Tansania, vom 23.03.12 bis 04.04.12

1 Euro

= 2.050,-- bis 2.108,-- Tansanische Schilling

   
1 l Diesel

= 2.070,-- bis 2.095,-- TSh

   
1 Brot (Toast)

= 1.500,-- bis 1.700,-- TSh

   
1 kg Tomaten

= 2.000,-- TSh

   
1 Banane

= 200,-- bis 300,-- TSh

   
 

Ein- und Ausreise: Einreise im Flughafen von DAR sehr einfach, kein Ärger wegen unserer großen Gepäckstücke beim Zoll. Visum für 50,- $ pro Person. Ausreise bei Mtambaswala über die Brücke Unit 1 problemlos und schnell.

 

 

Mosambik – ängstliche Menschen, Weiße Elefanten und Urwaldmedizin

 
Auch der Zöllner in Mosambik strahlt, nicht nur über mein neues Carnet, sondern auch über die Kondome, die er mir versteckt in die Hand drückt. Dabei fordert er mich auf, in Mosambik besonders vorsichtig zu sein, denn alle schönen Mädchen haben Aids!
 

Stolz überreicht mir der Grenzer Kondome, obwohl er weiß, dass der afrikanische Mann sie lieber nicht benützt

 
Der Highway-Traum war kurz, denn nach 500 Metern hat uns der Feldweg fester im Griff als wir uns vorstellen konnten. Alle Brücken hat der Monsun weggeschwemmt und die Piste in eine gefährliche Moorlandschaft verwandelt. Das bedeutet für uns Furten und nervenaufreibende Kämpfe mit Schlammlöchern.
 

Wir haben uns nicht verfahren. Das ist eine der Hauptverbindungsstrecken zwischen Tansania und Mosambik

 

Der Monsun nahm alles mit! Da bleibt nur der Weg durch den Fluss

 

Während ich ein Schlammloch begutachte, nähert sich eine Frau wackelig auf ihrem Fahrrad. Entsetzt blickt sie mich an, als wäre ich ein grünes Marsmännchen, lässt ihr wertvolles Gefährt fallen und rennt in Panik die Straße zurück, bis sie am Horizont verschwindet.

 
Ähnliches geschieht, als ich mich in einem Hof nach dem Straßenzustand erkundigen will. Die ganze Familie rennt wie auf ein Kommando davon und versteckt sich in den Baumwollfeldern.
 

Als ich diesen Hof betrete, flüchten die Bewohner auf die Felder

 

-       Wer fürchtet sich vorm Weißen Mann?

-       Niemand!

-       Und wenn er aber kommt?

-       Dann laufen wir davon.

 

Hier wird das Spiel aus unseren Kindertagen - „Wer fürchtet sich vorm Schwarzen Mann“ - auf den Kopf gestellt.

So müssen sich Außerirdische fühlen, die zum ersten Mal die Erde betreten.

 
Als wir Mueda erreichen, fallen wir als erstes vor dem Regengott auf die Knie. „Danke, dass du uns während der letzten zwei Tage verschont hast.“ Erst auf Asphalt zeigt er uns mit einem tropischen Platzregen seine ganze Macht.
 
Über Pemba ziehen wir weiter zum Highlight Nordmosambiks, zur Ilha de Mozambique. Auf diesem kleinen Eiland sind die meisten Gebäude UNESCO geschützt. Das Land bekam von dieser geschichtsträchtigen Insel seinen Namen.
 

Nein, das ist keine Ritualmaske, es ist eine Beautymaske, die auf Ilha de Mozambique auch außer Haus getragen wird.

 
Ilha de Mozambique wurde durch Sklaven-, Elfenbein- und Goldhandel reich.
 

Das Besondere auf Ilha ist der wunderschöne Kontrast zwischen alt und neu

 
Doch der Mix aus Ruinen, heruntergekommenen Gebäuden und renovierten Herrenhäusern geben der Insel einen eigenartigen, magischen Flair, der sich vor allem nachts in den schummrig beleuchteten Gassen zeigt.
 

…oder der Reiz von heruntergekommenen neben renovierten Gebäuden

 

Per Mail fragen Magdi und Alex aus Österreich, ob wir uns in Malawi treffen können. Sie sind mit ihrem 25 Jahre alten Ford Transit auf dem Rückweg von Südafrika nach Hause.

Immer wieder haben die beiden unseren Weg gekreuzt, so dass wir gute Freunde wurden. Ihr Mut und ihr menschennaher Reisestil beeindrucken uns. Vielleicht ist das der Grund, warum wir uns so mögen. Mit ihren 22 bzw. 23 Jahren sind sie blutjung und furchtlos. Wir freuen uns auf die beiden.

Obwohl Malawi erst später auf unserem Plan steht, ändern wir die Reiseroute entsprechend ab und machen uns auf den 600-km-langen Weg durch Nordmosambik Richtung Malawisee.

Tanken ist nur an Urwaldtankstellen möglich und das Essen wird immer exotischer.

 

Das ist weder Rum noch Rotwein, sondern Diesel in zweifelhafter Qualität…

 

Keine Ahnung, welche Vögel dafür ihre Köpfe lassen mussten

 
Auf altbekannter afrikanischer Erdpiste, zum Glück staubtrocken, kommt uns wieder ein „Weißer Elefant“ entgegen. Nur hat er dieses Mal listige Schlitzaugen. Die Chinesen schlagen durch das dünn besiedelte Gebiet eine breite Trasse für eine Teerstraße, und das für ein Verkehrsaufkommen von täglich zehn Autos.
 

Diese sinnlose Highway-Baustelle ist ein ausgelagertes chinesisches Gefängnis, denn…

 
Die Ingenieure und Vorarbeiter sind chinesische Strafgefangene, die durch Zwangsarbeit ihre Strafe abbüßen und nebenbei die Gefängnisse in China entlasten.
 

…die Vorarbeiter sind allesamt Sträflinge und scheuen die Kamera

 

China verschenkt nichts, und schon gar keine „Entwicklungshilfe“ wie der Rest der Welt. Im Gegenteil, die Chinesen verdienen daran. Da afrikanische Entwicklungsländer kein Geld haben, lässt sich China ihre Arbeit mit großen Landstücken bezahlen, unter denen sich wertvolle Bodenschätze verbergen.

Die Afrikaner nehmen jede geschenkte Entwicklungshilfe, aber schätzen sie  nicht. Denn ein afrikanisches Sprichwort sagt: „Der schwache Mann gibt, der starke nimmt!“ Deswegen stehen die Chinesen mit ihnen auf Augenhöhe. Zudem sind sie weder arrogant noch mischen sich in die Politik ein, während die Spendernationen wegen ihrer Besserwisserei und politischen Moral belächelt werden. Diese chinesische Spätkolonisation ist uns bisher in jedem Land Afrikas begegnet. Der chinesische Drache hat seine gefährlichen Krallen bereits tief in diesem Kontinent ausgefahren.

 

 

Malawi – kein Diesel, kein Zucker, aber ein Traumsee

 
 
Vor Malawi werden wir gewarnt. Es soll dort wegen Devisenmangels kein Diesel geben. Deshalb machen wir vor der Einreise alle Tanks randvoll, und das sind immerhin 280 Liter.
 
Kurz bevor wir einreisen, stirbt der ungeliebte Präsident. Ob das für uns gut oder schlecht ist, wissen wir nicht.
 
Die erste Tankstelle ist belagert, obwohl sie trockner als ein Wüstenbrunnen ist.
 

Warten ist sinnlos, denn Malawi hat keine Devisen, um Diesel zu kaufen

 

Schwarzmarkthändler bieten mir als Sonderangebot, einen Liter Diesel für lumpige drei Euro an, wobei der offizielle Literpreis 1,70 Euro beträgt.

 

Der erste Eindruck von Malawi ist positiv. Gute Straßen, gut gekleidete Menschen, und außer Zucker und Diesel können wir beinahe alles in den Geschäften kaufen.

 

Doch das kann nicht jedermann!

 
Zucker ist der grüßte Devisenbringer und wird jetzt komplett ins Ausland verkauft. Innerhalb weniger Tage verdoppelt sich der Zuckerpreis für die Bevölkerung und wird zum Luxusgut.
 
Mit Magdi und Alex verbringen wir eine herrliche Woche am schönen Malawisee.
 

Cape McClear am Malawisee- eines der wenigen Fotos, die mir blieben

 

Und das ist eines der wenigen Bilder, die ich von Malawi zeigen kann. Wer kennt nicht das Gefühl, wenn sich durch einen unachtsamen Knopfdruck, 8 GB mit den schönen Bildern unserer Malawi-Rundreise in den Tiefen des Kameraspeichers in Nichts auflösen? Meine Gefühle über so viel Dummheit pendeln zwischen Verzweiflung und Wut. Denn Bilder sind ein Teil meines Lebens. So gerne hätte ich das Foto eines kleinen Hubschraubers gezeigt, der aus Lumpen von einem Witchdoctor zusammengeknotet wurde.

 

Der Museumsführer in Muzuzu glaubt felsenfest und unumstößlich an die Magie des Witchdoctors. Er hat die Kraft, diesen Hubschrauber aus Lumpen so groß zu hexen, dass 15 Menschen darin Platz finden. Mit ihm fliegen die Passagiere nach Amerika und wachen nach dem Ausflug am nächsten Morgen entspannt in ihrem Bett wieder auf.

 

Kurzinfo Malawi, 20.04.12 bis 07.05.12

1 Euro

= 220,-- Malawi Kwacha, Schwarzmarkt = 340,-- MK

   
1 l Diesel

= 360,-- MK

   
1 Semmel

= 25,-- bis 30,-- MK

   
1 kg Tomaten

= 90,-- bis 200,-- MK

   
1 Banane

= 10,-- bis 20,-- MK

   
 

Ein- und Ausreise: Einreise bei Chiponde okay. Visum für 30 Tage ist umsonst. Ausreise über Grenzübergang Muloza ist in 20 Minuten erledigt.

 
Gerne würden auch wir den Zauberhubschrauber benützen, aber leider ist er auf lange Zeit ausgebucht. Also fahren wir…
 

 

…wieder zurück nach Mosambik

 
Etwa in der Mitte des 3.000-km-langen Landes stoßen wir auf den Sambesi. Obwohl jetzt eine Brücke über ihn führt, spaltet er das Land nach wie vor.
 

Trotz Brücke spaltet der Sambesi Mosambik in arm und reich

 
Nördlich des Sambesi herrschen Korruption und Armut. Der Nordteil wird von der indischen Mafia beherrscht. Der Süden dagegen ist geordnet mit einer guten Infrastruktur, wo die vielen südafrikanischen Urlauber für Geldsegen sorgen.
 

Auf dem Weg zur Hauptstadt Maputo ganz im Süden nehmen wir die Abkürzung über eine Urwaldpiste. Links und rechts davon tauchen Bäume mit Rindeneinschnitten auf, ähnlich wie an Gummibäumen. Doch statt Gummi fließt Harz aus ihnen.

 

Das Harz, aus dem Medizin gemacht wird

 
In einer niedrigen Grashütte schläft ein alter Mann.
 

Ein karges Leben für ein paar Meticais

 
Als er mich bemerkt, erschrickt er und greift sofort nach seiner Machete. Eine wirkliche Kommunikation ist nicht möglich. Doch seine Körpersprache sagt, dass aus dem Harz Medizin gemacht wird.

 

Wenn die Bäume ausgelaugt sind, zieht er weiter und baut sich einen neuen Unterschlupf

 

Er hat den harten Job, das Harz von diesen speziellen Bäumen abzuzapfen, damit die Pharmaindustrie, diese Wirkstoffe nützen kann.

Denn noch immer entdecken Medizinscouts unbekannte Wirkstoffe in entlegenen Urwaldzonen, die die Pharmaindustrie testet, analysiert, und hofft, neue Medikamente daraus zu entwickeln.

 

Kurzinfo Mosambik, vom 04.04. bis 20.04.12 und 07.05 bis 17.05.12

1 Euro

= 34,80 bis 36,02 Meticais

   
1 l Diesel

= 36,81 bis 42,95 Mt

   
1 Semmel

= 2,-- bis 5,-- Mt

   
1 kg Tomaten

= 40,-- bis 80,-- Mt

   
1 Banane

= 2,-- bis 6,-- Mt

   
 
Ein- und Ausreise: 1. Einreise über Unit 1, Gelbfieberimpfung wird geprüft und Kondome werden verteilt. 2. Einreise bei Milange, das Visum kostet an der Grenze 60 Euro im Gegensatz zur Botschaft in Dar nur 45 Dollar pro Person. Beide Ausreisen, sowohl in Mandimba als auch bei Namaacha , sind innerhalb Minuten erledigt.
 

 

Swaziland - oder wie man als Sohn einer Dienerin König wird

 

Bei der Immigration und dem Zoll bekommen wir freundlich und schnell ein kostenloses Visum und unser Carnet gestempelt. Doch der Mann am Schlagbaum will die letzte Barriere nicht öffnen. Ich muss aussteigen - er geht mit strengem Blick ums Auto herum.

In feinstem Oxfordenglisch erklärt er, dass er mich jetzt wegen Tierseuchengefahr verhaften wird. Denn in Swaziland ist es strengstens verboten, Knochen einzuführen. Ich glaube, er macht sich ein Späßchen mit mir und klopfe ihm kameradschaftlich auf die Schulter. Denn Freundlichkeit und Lachen lösen in Afrika jedes Problem.

Doch dieser Zöllner weiß das anscheinend nicht!

Höflich erkläre ich ihm, dass mich mein geliebtes, ausgebleichtes Gnugeweih 20.000 Kilometer durch acht Länder begleitet hat. Kein Virus kann bei diesem Staub und dieser Hitze überleben!

 

Mein treuer Begleiter hätte mich beinahe ins Gefängnis gebracht

 

Steif und humorlos wie ein Leichenbestatter führt er mich in sein Kabuff und liest mir oberlehrerhaft die Einreisebestimmungen vor. Die interessieren mich genauso wenig wie sein arrogantes Auftreten.

Ich gebe nicht nach, zumal das Geweih ein Geschenk von einem Ranger in der Serengeti ist.

 

Die Zeit vergeht, mittlerweile schlottere ich in kurzen Hosen bei nur 10 °C im Hochland. Ja, die Wärme Afrikas macht mich zum Weichei.

Bevor mich der Kälteschock packt, muss ich dieser Nervensäge auf Knien danken, dass sie mich nun doch nicht verhaftet. Gnädigerweise montiert er meinen Gnuschädel von meinem Auto ab und will ihn verbrennen. Bestimmt nur, damit ihm warm wird und nicht wegen der so gefährlichen Viren

 

Stinksauer reisen wir in das „afrikanische Ladakh“ ein. Jeder Reisende hat sein Phantasiebild, bevor er ein Land betritt. Mein imaginäres Swazilandbild ist ärmlich, mit Menschen in traditioneller Kleidung, mit Sangomas und Heilern vor ihren Reedhütten im Busch.

Doch was erblicken meine ungläubigen Augen? Fein gekleidete Menschen sitzen im KFC-Fastfood-Restaurant, während aus dem spiegelverglasten Bankenhochhaus, Bankiers in taubenblauen Anzügen mit weißen Hemden und rosaroten Krawatten eilen. Und das alles vor einer Schweizer Bergwelt-Kulisse.

 

Das ist nicht Switzerland, sondern Swaziland, fehlt nur noch Schnee

 

Offensichtlich bin ich auf diese absolute Monarchie schlecht vorbereitet und muss mich vor Ort informieren.

Dabei erfahre ich:

Hier wird nur König, wer alleine einen Löwen mit dem Speer erlegt hat. Ich bin dafür, dies auch bei uns einzuführen. Dann wären die politischen Entscheidungen endlich mutig und die Merkls und ihre Lakaien wären nicht so scharf auf die Macht.

Gleichzeitig muss der neue Regent von Swasiland der einzige Sohn sein, den der verstorbene König mit einer Frau gezeugt hat.

Beim verstorbenen König traf das auf keine seiner offiziellen Frauen zu.

 
Doch im Seitensprungverfahren hat er nur mit einer Dienerin ein einziges Kind gezeugt. Somit zog die Dame das große Los, und ihr Sohn Mswati III. ist bis heute der alleinige Herrscher über das Königreich.
 

Sein mannhafter Vater hatte 72 Frauen. Eine von ihnen dürfen wir besuchen und uns in ihrer traditionellen Reedhütte umsehen. Eine Frau des Königs darf nach dessen Tod nie wieder heiraten. So lebt sie seit 1982 nur mit ihren Dienern alleine.

Auf frisch mit Kuhmist desinfiziertem Boden bringt die Königin Heti das traditionelle Malen mit dem Stein bei.

 

Eine der 72 Königs-Ehefrauen ist sich nicht zu schade, Heti elementare Arbeiten beizubringen

 

Ich beneide diese Frau um ihre Haarpracht

 
Mswati III. nennt zwischenzeitlich immerhin auch 13 Frauen sein eigen, und seine Auswahl ist wahrlich königlich. Denn jedes Jahr zum Reedfest versammeln sich alle unverheirateten Mädchen vom ganzen Königreich. Zigtausend Schönheiten tanzen barbusig im Perlenröckchen am Monarchen vorbei.
 

Der tapfere König von Swaziland hat alleine einen Löwen mit dem Speer erlegt

 
Jede hofft, von ihm als Frau auserkoren zu werden. Diese Brautschau dauert mehrere Tage.
 

Nach außen hin sieht das Land reich aus.

Wir unterhalten uns mit Angel, nachdem wir einen traditionellen Tanz besucht haben.

 

Cancan in Swaziland, hier fliegen die Beine doppelt so hoch wie in Paris

 

Mit einem echten Swazi ist nicht zu spaßen

 

Sie erzählt, dass es sehr viele Arme im Land gibt und der Reichtum hauptsächlich in der weitläufigen Königsfamilie aufgeteilt wird. Doch die schwerste Bürde des Landes ist die HIV-positiv-Rate von 52 Prozent. Auf meine Frage, ob sich Kondome noch nicht bis Swasiland herumgesprochen haben, lacht sie und meint:

„Die afrikanischen Männer hassen Gummis mehr als Aids.“

Angels Bruder war ebenfalls HIV positiv und hat sich nach dem Befund aus Verzweiflung umgebracht. Hier ist jede Familie irgendwie von Aids betroffen.

 

Trotz der modernen Außenwelt sind die Swazi tief in ihren Traditionen verwurzelt. Das bedeutet, wenn ein Mann genügend Rinder und Geld fürs Brautgeld hat, kann er so viele Frauen heiraten, wie er bezahlen kann.

Sonderangebote kosten nur 12 Rinder, 17 Tiere sind der Standard.

Hinzu kommen für jede Frau eigene Hütten oder Häuser.

 

Jede der Frauen hat Anspruch auf drei solche Hütten – eine zum Schlafen, eine als Küche und die letzte zum Bier brauen

 
Da bin ich mit Heti zufrieden. Sie ist bescheiden und hat nur einen Wunsch – sie möchte bei einem Sangoma, einen Blick in die Zukunft wagen.
 
Und wieder liege ich mit meiner Phantasie total daneben: keine Fellmaske, kein Zottelrock und auch kein Tanz, der in die Trance führt. Der Sangoma trägt lange Hosen, ein T-Shirt mit einem Umhang sowie eine „Pumuckelperücke“ auf dem Kopf.
 

Der Stoff aus dem die Zukunft ist…

 
Zuerst ruft er die Ahnen an. Dann beschwört er unter monotonem Gemurmel kleine Knochen, ausgerissene Zähne, Würfel und Muscheln in der halben Kokosnussschale.
 

…und schon liegt Hetis Zukunft auf dem Boden ausgebreitet

 
Mit lautem Gesang leert er die Schale auf den Boden. Hetis Zukunft liegt vor ihm! Sie hat eine Super-, Superzukunft, betont er mehrere Male und den besten Mann des Universums! Okay, letzteres wusste sie bisher noch nicht. Jedoch einen kleinen Schatten entdeckt er – in ihrem engen Umfeld sind ein paar Menschen, die schlecht über sie reden. Von ihnen soll sie sich fernhalten. Dummerweise konnte er die Namen nur sehr undeutlich erkennen…
 

Kurzinfo Swasiland, vom 17.05. bis 19.05.12

1 Euro = 10,05 Swazi Rand    
1 l Diesel = 10,05 Swazi Rand    
1 große Semmel = 1,45 bis 1,75 SwR    
1 Banane

= 1,-- SwR

   
       

Ein- und Ausreise: Einreise über Grenzübergang Namaacha, vollkommen problemlos, kostenloses Visum wird in den Pass gestempelt. Roadtax 50,-- Rand. Ausreise über den auf schlechter Piste zu erreichenden Grenzübergang Bulembu, korrekt und schnell.

 

 
Zum Schluss noch eine wahre afrikanische Geschichte
 

In Pemba in Mosambik geht der Leiter des Roten Kreuzes in die Dörfer hinaus, um die Menschen über Aids, Geschlechtskrankheiten und Malaria aufzuklären.

Beim Thema Malaria wirft er mit einem Projektor die Verursacherin der Malaria, die weibliche Anophelesmücke, groß an die Wand und spricht lange, wie man sich vor diesem Moskito schützen kann.

Am Ende seines Vortrages will er wissen, ob alles verstanden wurde oder ob jemand eine Frage habe.

Lange bleibt es still, doch dann steht eine alter Mann auf und sagt:

„Das mit Malaria habe ich verstanden. Aber da unsere Moskitos viel kleiner sind, trifft das auf uns nicht zu.

 
So, das war‘s aus dem südlichen Afrika. In etwa 2 Monaten werden wir uns wieder melden. Wenn alles klappt und nichts dazwischen kommt, voraussichtlich aus der DR Kongo.
 

Im Urwald von Mosambik

 

Bis dahin

Herta + Werner

 
 

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